Entrepreneurship

11 Dinge, die ich in 11 Jahren mymuesli gelernt habe

Gerade erst, genauer gesagt am 30. April 2018, war der elfte Geburtstag von mymuesli. Toll ist das.
Und auch ein bisschen verrückt. Grund genug, auch mal eine Topliste zu schreiben: Elf Learnings aus elf Jahren. Subjektiv und ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Here we go!

1. Alles beginnt mit einer Geschichte
„Everything starts with a story“ lautet ein berühmtes Zitat von Joseph Campbell – Professor, Autor und vor allem bekannt für seine Forschung und Veröffentlichungen zur Heldenreise.

I know, klingt sehr theoretisch. „Was ist denn jetzt da das Learning??", höre ich manche schon sagen. Aber was man sich merken sollte: Filme wie Star Wars funktionieren auch deshalb so gut, weil sie klar strukturierte und wunderbare Geschichten (oft nach dem eben erwähnten Prinzip der Heldenreise erzählen). Und wir Menschen lieben Geschichten. Die bleiben hängen.

Geschichten sind viel besser als trockene Fakten!

Nicht zuletzt deshalb bestehen auch die besten TED-Vorträge zu einem Großteil aus Geschichten. Und so sollte auch ein Startup anfangen und später kommunizieren: Nicht mit einer trockenen Marktanalyse und Kuchendiagrammen. Sondern mit einer Entdeckung, mit Passion und mit Liebe zum Produkt.

Gründen bedeutet viel Arbeit und erfordert, dass man dran bleibt, Geduld hat. Das fällt einem leicht(er), wenn man verliebt ist: in Idee, Konzept und Produkt. Aber es fällt irre schwer, wenn man ohne Begeisterung versucht, den vermeintlich größten Markt von allen anzugreifen. Dann gibt man in der Regel auf, hält nicht durch.

Das ist wie in einer Beziehung: Wer reich heiratet, ohne Liebe, dem fällt das vermutlich irgendwann auf die Füße.


2. „The truly good ideas don't sound like they're worth stealing“
Das ist ein tolles Zitat von Sam Altman. Und es gehört thematisch zum ersten Punkt. Viele Ideen werden gar nicht umgesetzt, weil die Gründer denken: „Also das klingt alles nicht groß genug. Da muss man sofort an einen Milliardenmarkt denken“. Nein, finde ich nicht. Lieber ein klares Alleinstellungsmerkmal in einem (vermeintlich) kleineren Markt haben. Und lieber eine kleine Nische erobern als in einem zu großen Markt ertrinken.


3. It's never easy
Artikel wie dieser hier vermitteln schnell den Eindruck: Wenn man genügend schlaue Sprüche liest oder an die Wand hinter sich klebt, dann wird das schon alles. Aber in Wirklichkeit ist es selten einfach, seinen Traum zu verwirklichen. Egal ob vom eigenen Unternehmen oder irgendwas anderes.

Gerade mit den Rückschlägen umzugehen, das ist die Kunst. Und wer in der Illusion lebt, dass man einfach bisschen #machen muss und dann wird das schon ... leider meisten falsch. Um noch einen schlauen Spruch zu bringen: „There is no substitute for hard work", sagte Thomas Edison mal. Da hat er recht.


4. What can go wrong will go wrong
Man kann in der amerikanischen Wikipedia die kontroverse Geschichte um Murphy's Law nachlesen. Demnach war Edward A. Murphy war ein amerikanischer Ingenieur, der in Kalifornien an einem Experiment mitarbeitete. Die Beschleunigung eines Raketenschlittens sollte gemessen werden. Die Sensoren, die die Wirkung der Beschleunigung eines Raketenschlittens auf einen Schimpansen messen sollten, waren von Murphy's Assistent alle falsch montiert worden. Es gibt nun unterschiedliche Versionen, wer der Urheber des diesem Ereignis folgenden und mittlerweile berühmten Satzes und Gesetzes war, der in etwa übersetzt lautet:

„Wenn es mehrere Möglichkeiten gibt, etwas zu tun – und eine davon schiefgehen kann – dann wird jemand diese Möglichkeit wählen"

Stimmt. Es geht gerade bei Startups so viel schief am Anfang. Darauf muss man vorbereitet sein. Und durchhalten. Das ist als Team übrigens wesentlich einfacher. Was uns zum nächsten Punkt bringt ...


5. Es ist besser, als Team zu gründen
Darüber hab ich hier mal ausführlich geschrieben. Die Kurzform lautet:

Alleine hätte ich mit Anfang 20 niemals ein Startup gegründet.

Zu viel Angst, zu viel Sicherheitsdenken, zu wenig Wissen in vielen Bereichen, keinerlei Gründungserfahrung. Die Tatsache aber, dass wir ein (Dreier-)Team waren, hat mir von Anfang an enorme Sicherheit gegeben: Denn ein Startup ist immer ein Wagnis. Und zu wissen, dass auch andere bereit sind, für die gemeinsame Idee "all in" zu gehen, beruhigte mich total.

Außerdem haben sich unsere Fähigkeiten sehr gut ergänzt: So konnten wir von Finanzen bis IT, Marketing oder Öffentlichkeitsarbeit alles abdecken. Das hat Geld gespart und die Erfolgswahrscheinlichkeit erhöht. Darüber hinaus gab und gibt es so auch kaum Konflikte: Weil jeder eigene Bereiche und Aufgaben mit eigenen Projekten hat.


6. #machen
Wir Deutschen sind super darin, Dinge zu analysieren. Leider auch darin, sie zu überanalysieren. Raul Krauthausen hat so ein Verhalten mal treffend als „Analyse-Paralyse“ beschrieben: Das führt dann zu Stillstand. Deswegen ist das #MACHEN so wichtig (so haben wir deswegen auch unser Startup-Buch genannt)!

Zu viele Ideen bleiben bei „Ach, man müsste doch mal" stecken! Also: machen!


7. Lernen, mit Kritik umzugehen
Ich war selbst überrascht, wie viel negative Emails und Reaktionen wir während der Startphase von mymuesli bekamen: „Das sei doch alles nur ein Hype“ war eine der netteren Aussagen; ein Unternehmer schrieb mal unter einen Blogpost, in dem es um einen Preis für mymuesli ging, dass es „eine Beleidigung für die unternehmerische Intelligenz einer Ameise sei", dass wir ausgezeichnet würden.

Darüber kann ich heute schmunzeln. Aber damals gingen mir solche Kommentare sehr nahe. Du tust keinem was, dennoch kriegst Du eine auf den Deckel. Verrückt, oder?

Gerade wenn man einen Traum verwirklicht, wenn man etwas anpackt, dann kommt überraschenderweise viel negative Energie zurück. Mein Tipp und Learning: Ausblenden. Tim Ferriss hat es jüngst in seinem Podcast mit Jack Kornfield gut auf den Punkt gebracht: „Critics are people who can't see the world you see it“.

Deswegen muss man lernen, mit Kritik umzugehen, sie meistens zu ignorieren und nur denjenigen zuhören, die ehrliches und gut gemeintes Feedback geben – und sich freuen, wenn Du den Status Quo verbesserst.


8. Team, Team, Team
Zum Thema Team kann man einen ganzen Post schreiben. Das mymuesli-Team ist toll. On so many levels.

Ein paar Gedanken, weil es so wichtig ist:

Man kann unmöglich alles alleine machen
Da draußen gibt es unzählige Menschen, die in dem, was Du tust, besser sind als Du. Die braucht man!
Teamfit first, denn: „Culture eats Strategy for Breakfast“ (Urheber unklar, vermutlich Peter Drucker, mein Mit-Gründer Hubertus hat es mir nahe gebracht)
Power to the people: Es lohnt sich, dass man Entscheidungen dezentralisiert!


9. Geduldig sein
„It takes years to become an overnight success“. Das Zitat wird in verschiedenen Varianten so einigen Urhebern zugeschrieben. Doch wer auch immer das zuerst gesagt hat: Er hat recht. Man muss geduldig sein, durchhalten. Am Ende sieht es dann ganz leicht aus und keiner erinnert sich mehr, wie schwierig es war. Manchmal stellt Erfolg sich sofort ein. Meistens dauert es eine ganze Weile.


10. Never stop exploring
So viele Startups warten darauf, gegründet zu werden. Ich höre aber so oft: „Was soll ich denn nur starten?“ „Ich hab keine Idee“ „Es gibt doch schon alles“ ... Stimmt fast. Es gibt tatsächlich vieles, aber eben nicht alles. Und wer mit offenen Augen durch die Welt geht und nicht verlernt, nach Nischen und Lücken zu suchen, der findet irgendwann auch seine Idee und sein Calling. Ich wünsche Dir und Euch dabei viel Erfolg!


11. Ihr seid gefragt!
Bei diesen Top-Listen könnte man ewig weitermachen. Deswegen will ich lieber Euch fragen – ganz egal ob Gründer, angestellt oder noch in der Ausbildung, was auch immer:

  • Was sind Eure größten Learnings aus den letzten Jahren?
  • Welche Zitate habt Ihr über Euren Schreibtischen hängen?
  • Welche Dinge würdet Ihr gerne weitergeben?

Ich freue mich auf Eure Kommentare: Gerne hier oder auf LinkedIn, wo der Post ursprünglich erschienen ist und schon über 15.000 Mal angesehen wurde. 

5 Podcasts für Gründer und Startups

Roscoe Considers Recording a Podcast, von zoomar, via Flickr, Creative Commons. Daniel Setzermann hat bei mir vor rund zwei Jahren die Liebe für Podcasts entfacht, die mittlerweile ja ein ähnliches Comeback wie die Schallplatte feiern. Das liegt nicht zuletzt natürlich an Audio-Blockbustern wie Serial, dem Crime-Podcast mit Millionen von Hörern weltweit. Und es gibt de facto keine Nische, für die es noch keinen passenden Podcast gibt. Gerade Podcasts für Gründer gibt es viele, viele, viele... hier meine fünf Favoriten...

1. Startup Startup ist mittlerweile schon ein Klassiker, produziert von Gimlet Media. In der ersten Staffel geht es (jetzt wird's ganz schön Meta) um die Gründung eines Unternehmens, und zwar genauer des Podcast-Startups, welches dann den Podcast Startup produziert (komplizierter hätte man das kaum erklären können).

StartUp is a podcast series about what it’s really like to get a business off the ground. In Season 1, Alex Blumberg told the story of launching this business, Gimlet Media, a podcast network. In Season 2, Lisa Chow joined Alex to follow an entirely new company: a company called Dating Ring, founded by two women in their 20s, outsiders in the male-dominated world of Silicon Valley. In Season 3, we’re trying something new...

Beste aktuelle Folge? From Cell to the Sell, Season 3, Ep. 8.

2. Interview-Podcast von Online Marketing Rockstars Es ist gar nicht so einfach, gute deutschsprachige Formate und deutsche Podcasts für Gründer und Startups zu finden. Die sind aber wichtig: Denn unabhängig davon, wie gut man Englisch spricht, beschäftigen sich die deutschen Formate eben häufiger mit "unseren" Problemen und Herausforderungen. Der OMR-Interview-Podcast mit Philipp Westermeyer ist eines der besten deutschen Formate und es geht bei weitem nicht nur um Online-Marketing. Zu Wort kommen Gründer, aber auch Paul Ripke oder Christoph Metzelder.

3. 99% invisible

99% Invisible is about all the thought that goes into the things we don’t think about — the unnoticed architecture and design that shape our world.

Häh, da geht's doch um Design? Was soll ich den Kack denn hören als Gründer?

Viele berühmte Fotografen empfehlen, sich neben vielen, vielen Fotos vor allem auch Malerei anzusehen: Die großen Kunstwerke. Denn die Prinzipien, die man daraus ableiten kann, etwa zur Komposition, lassen sich freilich auch auf Fotografien übertragen. Ähnlich ist das mit Podcasts wie 99% invisible: Wie ich zum Beispiel auf Vorträgen immer wieder betone, ist PR meines Erachtens nach einer der wichtigsten (aber oftmals unterschätzen) Wachstums-Kanäle für jedes Startup und Unternehmen. Und PR lebt vom Storytelling. Darin sind die Teammitglieder von 99% invisible ganz große Meister. Einer der besten Podcasts, die ich kenne.

4. Dorm Room Tycoon Auch ein Interview-Podcast; mit fantastischen Gästen. Man muss bei diesen Formaten allerdings immer vorsichtig sein: Denn mir geht es oft so, dass die subjektiven, konkreten Take-Aways oft gering und wenige sind. Dafür ist man aber meistens mega inspiriert. Und das ist mindestens genauso wichtig. Bei Dorm Room Tycoon geht es um

...conversations with thinkers. Spreading ideas in business, design and technology...

Cool fand ich zum Beispiel das Gespräch mit Tobias van Schneider, Lead Product Designer & Art Director, Spotify, NYC, der im Übrigen auch gerade einen schönen Medium-Beitrag zu Work-Life-Balance geschrieben hat: Work/Life balance ist bullshit.

5. The Smart Passive Income Podcast

Weekly Interviews, strategy, and advice for building your online business

Smart Passive Income Podcast: Das klingt nach einem sehr amerikanischen, sehr reißerischen Podcast. ein bisschen stimmt das auch. Aber der Host, Pat Flynn, ist der nette Millionär von nebenan, der passiv und mit viel Online-Marketing-Aktivität über 100.000 Dollar im Monat erwirtschaftet. Alle seine Earnings und woher sie kommen, also aus welchen Kanälen, stellt er auch monatlich online. Man kann aus seinen Interviews wirklich viel mitnehmen und hat jedes Mal einen Aha-Effekt: "Krass, dass man mit Smoothie-Rezepten ein paar Millionen Umsatz schafft, einiges davon kann ich bestimmt auch anwenden"... Lohnt sich!

Ein Buchtipp: Palmen in Castrop-Rauxel

Es war ein heißer Tag Anfang Mai, eigentlich der erste heiße Tages Jahres, wenn ich mich richtig erinnere. Und ich sitze im Regionalexpress nach Saarbrücken, die Stimmung im Großraumabteil paniert von drei amerikanischen Studenten, die sich freuen, "tonight like totally hammered" durch Nürnberg zu ziehen (welche Rolle dabei der Regionalexpress nach Saarbrücken spielt, das konnte ich nicht ergründen).

Ich hatte ein paar Tage vorher ein Buch im Briefkasten gefunden, das schon wieder aus meiern Erinnerung verschwunden war, und es einfach spontan in den Koffer geworfen: Palmen in Castrop-Rauxel - Mach Dein Leben außergewöhnlich!

Zeitsprung, Herbst 2013. Ich bekomme eine Email von einem Felix Plötz, der mich fragt, ob wir mit mymuesli nicht ein Crowdfunding-Projekt für ein  Buch unterstützen wollen. Ich sage ihm ab (weil wir das Thema Entrepreneurship zum Beispiel durch viele Vorträge pushen), aber hatte auf Startnext zumindest eines der Bücher bestellt.

Etwas mehr als ein halbes Jahr später bin ich in besagtem Regionalexpress auf den letzten Seiten des Projekts angelangt – und freue mich: Denn Felix Plötz hat mit seinem Co-Autor Dennis Betzholz genau das getan, wovon viele andere träumen. Sie haben ein Buch geschrieben, sie haben es durch Crowfunding finanziert und die vielen Unterstützer halten es jetzt tatsächlich in den Händen.

In Palmen in Castrop-Rauxel geht es um... Träume. Und Menschen, die sie leben, ihr eigenes Ding machen, ob als Palmenverkäufer aka Palmenmann oder als Rettungssanitäter mit paralleler DJ-Karriere (und abertausenden Fans). Und seit diesem Tag im Mai habe ich das Buch bei fast jedem Vortrag gezeigt oder davon erzählt, es vielen Freunden empfohlen, Gründern ans Herz gelegt und selbst begeistert in einem Rutsch (da fehlt mir noch ein schönes Synonym) gelesen. Fotografieren konnte ich es nicht für diesen Blogpost: Ich hab's sofort verliehen.

Denn es predigt keine Erfolgsrezepte, oder verkompliziert unser Denken mit unzähligen Schemata und Pseudo-Erfolgsanleitungen. Man landet nicht in der von Raul so trefflich beschriebenen Analyse-Paralyse. Es ist eine Inspirationsquelle: Die Protagonisten aus dem Buch sind ihren Träumen gefolgt. Und deswegen sollte man es kaufen und lesen: Weil es aus einem Traum entstanden ist und sicher dabei hilft, die eigenen zu verwirklichen.